Liebe Bürger,
Zeiten des politischen Umbruchs gehen unweigerlich mit personellen Wechseln einher. Blickt man auf die Kanzlerschaft-Staffelstab-Übergabe zwischen Merkel und Scholz, so löst auch diese Veränderung, abseits politischer Ausrichtungen, Emotionen aus. Auf Emotionen können Reaktionen folgen – das macht uns menschlich und auch das gehört zur Politik. Außen vor gelassen wird in diesem Zuge auch oft die Menschlichkeit. Gleichermaßen ist Respekt ein wichtiger Grundpfeiler des politischen Diskurses. Einige werfen der AfD mangelnden Respekt in Hinblick auf die Verabschiedung der ehemaligen Bundeskanzlerin vor. Wir seien nicht aufgestanden. Doch den Vorwurf des mangelnden Respekts kann ich nur teilweise nachempfinden. Es gehört eben auch zur Menschlichkeit & zum gegenseitigen Respekt, Ehrlichkeit zu zeigen und nicht – wie dies in der Politik üblich ist – heuchelnd Beifall zu klatschen. Es gehört auch dazu, zu dem zu stehen, was die eigenen Interessen bestimmt, dafür einzustehen und aufzustehen, sollte diese Interessen verletzt werden. Als bisher größte Oppositionspartei der vergangenen Regierung lag es stets in unserer Pflicht, vom Bürger (Souverän) gegeben, Merkels Kanzlerschaft kritisch zu bewerten sowie Missstände aufzudecken. Es wurden viele Fehler unter und von der Regierung Merkel begangen, wenige bis keine davon jedoch ehrlich eingestanden. Zurückkommend auf den gegenseitigen Respekt muss angemerkt werden, dass Frau Merkel keinem einzigen AfD Antrag zustimmte – sei er noch so dringlich und sinnvoll gewesen. Dies wäre ein Zeichen von Respekt, Menschlichkeit, insbesondere jedoch von Demokratieverständnis und politischer Größe gewesen. Als direkt gewählter Abgeordneter aus Nordsachsen ist mein Blick über die Bundespolitik hinaus immer auch besonders auf Sachsen gerichtet. Frau Merkel ließ es zu, dass dieses Bundesland medial als „braunes Pack“ oder „Schandfleck Deutschlands“ bezeichnet wurde. [1] Auch der neue Bundeskanzler Olaf Scholz blieb bei solchen Äußerungen untätig, wurde dennoch Kanzler. Es ist auch Aufgabe der Opposition, ein solch respektloses Verhalten aufzuzeigen – notfalls auch mit distanziertem Respekt. Frei nach Johann Wolfgang von Goethe: „Was wäre aus mir geworden, wenn ich nicht immer genötigt gewesen wäre, Respekt vor andern zu haben.“ Respekt kann man sich verdienen – dann kann ihn auch die Opposition würdigen und wie anfangs erwähnt: für etwas ein – & aufstehen. Wir stehen ein für die Bewahrung der demokratischen Grundordnung, die festgeschriebene Rechtsstaatlichkeit und die Aufrechterhaltung unserer politischen Diskusionskultur. Diesen drei Grundpfeiler wurden unserer Auffassung nach weder der Bundespräsident noch die Kanzlerin, oder auch die Ministerpräsidenten vollständig gerecht. Sollte man dafür ein – bzw. aufstehen, letzteres jedoch im Sinne des Glückwünschens?
Ihr René Bochmann
Mitglied des Deutschen Bundestages
Vorsitzender AfD-Kreisverband Nordsachsen
Mitglied des nordsächsischen Kreistages
16.12.2021